Der Schwitzer

Der Schwitzer

Da türmen sich Fabriken auf. Mein Gott, so viele hab ich noch nicht gesehen. Wir fahren auf den Deich. Und ich sehe sie alle hell erleuchtet im Sonnenlicht, so hell, dass sie ein Gefühl von Schönheit vermitteln. Geborgenheit. Vollkommenheit. Der Himmel ist schwarz, doch die Fabriken strahlen. Rauch, Wolken, Schlote und Sonnenstrahlen. Glanz und Schwarz. Leben.

Steht so ein Typ mitten an der Bushaltestelle und pisst da hin. Holt seinen dreckigen Schwanz raus und pisst da einfach hin. Dann holt er ein Päckchen raus und dreht sich eine. Hört iPhonemusik und wartet wie die anderen auf den Bus. Ja, nur weil da Schwanz steht, musst du jetzt aber nicht alles mitlesen. Die neben mir guckt mir die ganze Zeit auf das Telefon. Sieht geil aus. Glaube ich. Ich sehe sie schlecht. Dann geht sie. Ist eine Intarsienfachfrau. Nur jung und schön. Ein bisschen gothic. Within Temptation hört die. Unschuldig, ein bisschen böse möchte sie sein. Bleibt einem ja auch nichts anderes übrig – Intarsien.

Dahinten geht Amelie. Der Klassiker. Jung, hübsch, französisch. Ob sie es mit dem Mund macht, will ich wissen. Aber ich kann sie ja nicht einfach fragen (ich stelle mir vor, ich frage sie einfach, und sie sagt ja, und ich muss aussteigen).

Vor mir steht ein Berg. Ich sehe die Sonne nicht mehr. Geht ja auch gar nicht. Hauptbahnhof.

Herrgott. Es ist mitten am Tag. Ich will doch nur Bus fahren. Sitzen überall tausend beschissene Scheißkinder rum. Ich muss mich übergeben.
»Lion, Lion, Lion!«
»Kaleb!«
»Calippo, Calippo!«
»Kalbfleisch!«
Ich weiß es nicht. Ich verstehe die nicht. Sage diesem kleinen Pisser, dass ich da hin will. Der hat seinen verkackten Rucksack da stehen.
»Kalbfleisch! KALBFLEISCH!«
Jetzt schreit auch noch ein Baby. Das überlebe ich nicht.
»Melayne Nummer zwei. Melayne Nummer zwei!«
»Fick dich!«
Dann nimmt der Pisser seinen Rucksack weg. Aber es wird immer voller. Meine Nerven liegen blank. Innerhalb weniger Sekunden ist meine Lebenszeit um die Hälfte gesunken. Warum gliedert man die nicht aus? Systematisch.
»McNeal!«

O Gott ist das eklig. Zwei so richtig Geile setzen sich neben mich. Und dieser Kerl dahinten glotzt die – wirklich wahr – die ganze Zeit von oben bis unten an. Deutschlehrer. Khaki-(oder beige-, dasselbe)-farbenes Hemd mit Unterhemd. Brille. Locken. Tourette. Er zappelt. Bebt innerlich. Hat sie da schon fünf Mal gefickt. O Gott, jetzt schwitzt der auch noch. Kleine, hässliche Tropfen Schweiß setzen sich auf seiner schlecht rasierten Oberlippe ab. Er leckt sich die ganze Zeit über die Lippen. Seine Zunge reicht bis in ihren Schritt. Dann wischt er sich mit seinem Arm durch das Gesicht. Seine Haare werden fettig. Der Schweiß läuft aus allen Poren. Da steckt ein Kugelschreiber in seiner Hemdtasche. Zwischenzeitlich versucht er wegzugucken. Aber es klappt nicht. Er ist zu geil. Immer wieder von oben bis unten. Auch der letzte Blick kurz bevor er aussteigt gilt seinen Fickmusen.

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Calippo war doch ein Eis.